In dynamischen Umgebungen ist es nicht logisch die Ziele auf Basis der Leistung aus dem letzten Jahr zu definieren. Das würde ja voraussetzen, dass wir für das kommende Jahr die gleichen Bedingungen erwarten wie im Jahr zuvor. Bei der heutigen Dynamik braucht es relative Ziele - relativ zu Vergleichsteams, nicht relative zur Vergangenheit.
Praktik "Vergleichsziele"
Diese Praktik hilft dabei konventionelle Zielvorgaben an eine dynamische Umgebung anzupassen. Sie hilft also die bei unveränderter Orientierung (Stufe orange) zu besseren Zielvorgaben.
Ziele
Anhand von Basketball dann die Praktik veranschaulicht werden. Nehmen wir an eine Mannschaft hat im letzten Spiel mit 60 Punkte den Sieg erreicht. Nun würde das absolute Ziel lauten: im nächsten Spiel schafft ihr 5% mehr Punkte, also 63 Punkte. Sind 5% mehr nicht auch relativ? Ja, aber die Referenz liegt in der Vergangenheit: 5% mehr als im letzten Spiel. Eine Steigerung von 5% klingt toll, ist aber längst keine Garantie, dass man mit 3 Punkten mehr wieder das Spiel gewinnt. Daher lautet das Ziel: wir wollen mindestens ein Punkt mehr als die andere Mannschaft haben. Hier ist die Referenz, also die Punktzahl der anderen Mannschaft, im aktuellen Spiel. Dies lässt sich auf die Arbeit übertragen. Dann kommt man weg von einer absoluten Soll-Vorgabe und den wöchentlichen Vergleichen zwischen Soll und Ist-Werten. Eine relative Zielvorgabe könnte lauten, stärker als der Markt zu wachsen oder zum Umsatz des Wettbewerbers aufzuschließen. Sinkt dessen Umsatz, so kommt das Ziel entgegen, steigt er, so muss man sich ebenfalls steigern.
Ablauf
- Prüfe, wo Ziele festgelegte Soll-Vorgaben enthalten: fixierte Vorgaben, Pläne, Prognosen, Leistungserwartungen.
- Überlege, wie diese Ziele relativ gestaltet werden können. Ziehe Vergleiche zu internen oder externen, aber stets realen, Leistungen. Vergleiche Ist-Zahlen eines Teams mit Ist-Zahlen eines anderen (intern/extern).
- Kläre diese Vergleiche mit dem Team. Lass das Team sich die Ziele selbst stecken: Wie könnte in positives Ergebnis für uns aussehen? Was wollen wir mittelfristig erreicht haben? Wie fühlt sich das Ziel für uns an? Was sagt der Bauch dazu?
- Achte darauf, dass Ziele nicht zu klein oder individuell werden. Ziele motivieren viel stärker, wenn sie auch kreative Spielräume ermöglichen, es also mehrere Möglichkeiten gibt zum Ziel zu gelangen. Außerdem gibt es immer wieder Spezialfälle, die einen Vergleich unfair erscheinen lassen. Diese Effekte, die in Einzelfällen auftreten, mitteln sich heraus, wenn man eine größere Einheit betrachtet.
Einsatzmöglichkeiten
Die Praktik kann dort eingesetzt werden, wo Ziele formuliert werden.
Vorteile
- Ziele bleiben über längere Zeiträume sinnvoll.
- Relative Ziele setzen keine umfangreichen Soll-Planungen mehr voraus.
Voraussetzungen und Hilfsmittel
Einführung
Ziele mit großen Boni erzeugen Gier oder Angst - beides ist ungünstig. Ziele sollten daher eher der Reflexion dienen: wo stehen wir, was läuft gut/schlecht, was müssen wir ändern, wenn wir das Ziel noch erreichen wollen, usw.
Kommentare und Tipps
- Die regelmäßige Beschäftigung mit Vergleichszielen gibt nicht die Antworten, sondern weckt Neugier im Team: warum ist die Entwicklung so verlaufen, wie könnte man sie beeinflussen? Das Team ist in der Verantwortung den Vergleich zu bewerten und Maßnahmen zu steuern - das Management hält sich zurück.
- Genereller Hinweis zu Bonus auf Zielen: durch zahlreiche Forschung ist bekannt, dass ein Bonus unseren Fleiß, aber nicht unsere Kreativität und Intelligenz anreizen kann. Wenn ein Ziel allein durch Fleiß (z.B. Bei manuellen Tätigkeiten) erreicht werden kann, dann ist ein Bonus sinnvoll. Wenn es gut Ideen und Kreativität braucht, dann sind zu große Boni eher kontraproduktiv.
- Sehr kleinteilige oder gar individuelle Ziele erhöhen den Konkurrenzkampf auch innerhalb einer Organisation. Übergreifende Ziele sind meist besser, weil sie Zusammenarbeit und Synergien belohnen.
Varianten
- Vergleiche IST-Zahlen mit IST-Zahlen im Team, aber aus einer anderen Zeitperiode (April versus April des Vorjahres). Welche Fortschritte sind dadurch erkennbar? Kommt das Team den selbst gesteckten mittelfristigen Zielen näher?
- Nutze statt absoluter Zahlen Ranglisten oder Benchmarks über verschiedene Teams. Welchen Platz belegen wird, welche Platzierung wollen wir erreichen?
- Überdenke den betrachteten Zeitraum bei der Ermittlung von IST-Werten. Warum sollte immer ein Geschäftsjahr betrachtet werden? Das Geschäftsjahr oder Quartale sind für die externe Bilanzierung relevant, aber doch nicht für die Unternehmenssteuerung. Genauso gut könnte man die letzten 12 Monate rollierend betrachten. Je nach Charakteristik des Geschäfts könnte man auch die letzten 6 Monate (rollierend) oder die letzten 24 Monate (rollierend) betrachten!